Glutamat und co. – Sind Geschmacksverstärker wirklich ungesund?
Geschmacksverstärker sind bekannt für ihre Fähigkeit, den Geschmack von Lebensmitteln zu intensivieren und zu verbessern. Der Einsatz – insbesondere von Glutamat – ist jedoch hoch umstritten und sorgt bei vielen Personen direkt für eine Ablehnungshaltung, wenn man das Wort auch nur in den Mund nimmt. Die Geschichte hinter dem schlechten Ruf von Glutamat und wie der Mythos etabliert wurde, ist dabei hoch Interessant bzw. sorgt im Nachgang eher für Kopfschütteln.
Ich habe auch lange Zeit geglaubt, Glutamat ist ein sehr schädlicher Stoff, den es unbedingt in der Nahrungsaufnahme zu vermeiden gilt. Wenn man sich jedoch die Mühe macht und sich ein wenig in das Thema einliest, wird man erstaunt sein, wie wenig eigentlich hinter den ganzen Horrorgeschichten steckt.
In diesem Artikel werden wir die Geschichte, Herstellung, gesundheitlichen Auswirkungen und den Einsatz von den bekanntesten Geschmacksverstärkern Glutamat und Hefeextrakt, genauer beleuchten. Durch ein tieferes Verständnis dieser Zusatzstoffe können wir ihre Rolle in unserer Ernährung besser einschätzen und bewusster damit umgehen.
Wie entstand der schlechte Ruf von Glutamat
Beginnen wir zuerst mit der Geschichte, die man unbedingt kennen sollte:
Dr. Robert Ho Man Kwok veröffentlichte 1968 einen Brief im New England Journal of Medicine. In diesem Brief beschrieb er die Symptome, die er nach dem Genuss von chinesischem Essen verspürte, wie beispielsweise Kopfschmerzen und ein Kribbeln im Nackenbereich. Er bezeichnete dieses Phänomen humorvoll als “Chinese Restaurant Syndrome” und vermutete, dass es möglicherweise mit dem hohen Glutamatgehalt in chinesischen Gerichten zusammenhängen könnte.
Dr. Robert Ho Man Kwok veröffentlichte seinen Beitrag in der Rubrik “Correspondence” im New England Journal of Medicine. Diese Rubrik war dafür bekannt, eher als Forum für kurze, informelle Briefe zu dienen, die medizinische Anekdoten, Meinungen oder auch humorvolle Beiträge enthielten.
2018 kam überraschend ans Licht, dass dieser Brief und dessen Verfasser, Howard Steel, einem orthopädischen Chirurgen, ein Hoax war – das Resultat einer Wette zwischen Kollegen. Die Irritation war perfekt, als Steel versuchte, eine Richtigstellung im New England Journal of Medicine zu veröffentlichen, was abgelehnt wurde, obwohl es tatsächlich ein Institut mit dem Namen und eine Person mit dem Namen Robert Ho Man Kwok gab.
Was als ironischer Beitrag gedacht war, wurde allerdings von vielen Lesern ernst genommen und weitläufig als Beweis dafür interpretiert, dass Glutamat diese unerwünschten Symptome hervorruft. Dies führte zu einer verstärkten öffentlichen Besorgnis und trug zur Entstehung des schlechten Rufs von Glutamat bei.
Jedoch haben spätere wissenschaftliche Studien keine eindeutigen Beweise dafür gefunden, dass Glutamat diese Symptome verursacht. Diese Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass die erlebten Beschwerden eher auf andere Faktoren wie individuelle Empfindlichkeiten oder psychologische Erwartungshaltungen zurückzuführen sind.
Dennoch blieb der Mythos um die negativen Auswirkungen von Glutamat bestehen, auch wenn der ursprüngliche Beitrag von Dr. Kwok als Scherz und Einlösung einer Wette gedacht war, statt als wissenschaftlich fundierte Beweisführung.
Dieser Vorfall zeigt, wie eine ursprünglich ironische Bemerkung zu einem weitverbreiteten Missverständnis und einer falschen Interpretation wurde, die bis heute den Ruf von Glutamat beeinflusst.
Glutamat: Der berühmte Geschmacksverstärker
Glutamat, eine natürliche Aminosäure, die als Geschmacksverstärker in vielen Lebensmitteln Verwendung findet, ist für die Umami-Geschmacksnote verantwortlich – die fünfte Geschmacksrichtung neben süß, sauer, salzig und bitter. Dieser Zusatzstoff verstärkt den natürlichen Geschmack von Speisen und ist in zahlreichen Lebensmitteln wie Suppen, Fertiggerichten, Snacks und sogar einigen Käsesorten enthalten.
Was ist Glutamat?
Glutamat, eine der 20 proteinogenen Aminosäuren, ist ein natürlicher Bestandteil vieler Lebensmittel, insbesondere in eiweißreichen Nahrungsmitteln wie Fleisch, Fisch und Milchprodukten. Als Geschmacksverstärker wird es in der Regel in Form von Mononatriumglutamat (MSG) zugesetzt. Diese Zusatzform kommt in vielen verarbeiteten Lebensmitteln vor, um deren Geschmack zu intensivieren.
Vorkommen in Lebensmitteln
Natürliches Glutamat findet sich auch in einer Vielzahl von Lebensmitteln, bevorzugt in reifen und fermentierten Produkten wie Tomaten, Pilzen und Parmesankäse. Allerdings wird der größte Teil des als Geschmacksverstärker verwendeten Glutamats synthetisch hergestellt und vielen industriell verarbeiteten oder Restaurant-Speisen zugesetzt. Diese synthetische Variante wird oft in Fertiggerichten, Snacks und Soßen verwendet, um den Geschmack zu verbessern und eine konsistente Qualität zu gewährleisten.
Herstellung von Glutamat
Glutamat wird in der Lebensmittelindustrie auf zwei Hauptarten hergestellt: natürliche Fermentation und synthetische Produktion. Die synthetische Variante, die häufiger in der Lebensmittelherstellung Verwendung findet, wird durch einen chemischen Prozess hergestellt, der auf der Fermentation von Zuckern basiert.
Bei der synthetischen Herstellung wird der chemische Prozess der Fermentation von Zucker als Ausgangsstoff genutzt. Hierbei werden Zuckerarten wie Glucose aus Stärkequellen wie Mais oder Zuckerrüben oder auch Sucrose aus Zuckerrohr als Grundlage verwendet. Diese Zucker werden unter kontrollierten Bedingungen fermentiert, wobei Mikroorganismen wie bestimmte Bakterienstämme (typischerweise der Mikroorganismus Corynebacterium glutamicum) oder Pilze eingesetzt werden. Diese Organismen produzieren Glutamat als Stoffwechselprodukt während des Fermentationsprozesses.
Der Fermentationsprozess wird sorgfältig überwacht und kontrolliert, um optimale Bedingungen für das Wachstum und die Aktivität der Mikroorganismen zu gewährleisten. Nach Abschluss der Fermentation wird das Glutamat aus der Lösung extrahiert und gereinigt, um einen Reinheitsgrad zu erreichen, der den Lebensmittelstandards entspricht.
Im Gegensatz dazu kann Glutamat auch auf natürliche Weise durch Fermentation gewonnen werden. Dies geschieht oft durch die Fermentation von proteinreichen Lebensmitteln wie Sojabohnen, Getreide oder anderen natürlichen Quellen, die Glutamat enthalten. Diese natürlichen Quellen werden durch Bakterien oder Hefe fermentiert, wobei Glutamat als ein Nebenprodukt des Fermentationsprozesses entsteht.
Obwohl beide Methoden Glutamat als Endprodukt liefern, wird in der Lebensmittelindustrie häufig die synthetische Herstellung bevorzugt, da sie einen höheren Reinheitsgrad und eine zuverlässigere Produktionskontrolle ermöglicht. Die Sicherheit und Reinheit des hergestellten Glutamats sind von großer Bedeutung, um den Qualitätsstandards für Lebensmittelzusatzstoffe zu entsprechen
Einfluss auf den Geschmack
Glutamat ist als Geschmacksverstärker bekannt, der den natürlichen Geschmack von Lebensmitteln intensivieren kann. Seine Fähigkeit, den Umami-Geschmack zu verstärken, verleiht Speisen eine tiefe, herzhafte und angenehme Note. Umami, als die fünfte Geschmacksrichtung neben süß, sauer, salzig und bitter, wird oft als fleischig, würzig oder reichhaltig beschrieben.
Glutamat selbst ist geschmacksneutral, aber es wirkt, wenn es in Lebensmitteln zugesetzt wird, auf die Umami-Rezeptoren auf der Zunge. Diese Rezeptoren erkennen Glutamat und signalisieren dem Gehirn einen intensivierten und befriedigenderen Geschmack. Dadurch kann bereits eine geringe Menge an Glutamat den Geschmack von Lebensmitteln erheblich verbessern, indem es deren natürliche Aromen verstärkt und tiefer erscheinen lässt.
Der Liebling der Lebensmittelindustrie
In der Lebensmittelindustrie sind Geschmacksverstärker natürlich ein willkommenes Geschenk, um den Geschmack von Lebensmitteln zu verbessern und zu intensivieren (Und um minderwertigem Zutaten zu ungeahntem Glanz zu verhelfen). Glutamat, insbesondere in Form von Mononatriumglutamat (MSG), ist bzw. war weit verbreitet und wird oft wegen seiner Fähigkeit geschätzt, den Umami-Geschmack zu verstärken.
Jedoch hat Hefeextrakt aufgrund seines natürlichen Ursprungs und seiner Fähigkeit, ähnliche geschmacksverstärkende Eigenschaften zu bieten hier dem synthetischen Stoff den Rang abgelaufen. Hier spielt vor allem voll die Geschichte von oben mit rein, die dem Glutamat anlastet. Hefeextrakt ist in dieser Hinsicht unbelastet, obwohl der Stoff im Prinzip genau das Selbe macht wie Glutamat: Er verstärkt den Geschmack von Speisen.
Geschmacksverstärker können unter verschiedenen Bezeichnungen auf der Zutatenliste von Lebensmitteln aufgeführt sein. Einige der Begriffe, unter denen sie deklariert werden können, sind:
Geschmacksverstärker | Mögliche Bezeichnungen auf der Zutatenliste |
---|---|
Glutamat | Mononatriumglutamat (MSG), E620 bis E625, Aroma |
Hefeextrakt | Hefe, Hefeautolysat, Gewürze, Aroma |
Dinatriuminosinat | E631, Aroma, Natriuminosinat |
Dinatriumguanylat | E627, Aroma, Natriumguanylat |
Hydrolysiertes Eiweiß | Hydrolysiertes Pflanzeneiweiß, Eiweißhydrolysat |
Sojaprotein-Isolat | Sojaprotein, Eiweiß, Isolat, Aroma |
Gewürzextrakt | Gewürze, Extrakt, Aroma |
Die genaue Identifizierung von Geschmacksverstärkern auf der Zutatenliste kann daher herausfordernd sein, insbesondere wenn verschiedene Namen oder E-Nummern verwendet werden, um sie zu kennzeichnen. Dennoch sind dies einige der gebräuchlichen Bezeichnungen, unter denen Geschmacksverstärker auf Lebensmittelverpackungen erscheinen können.
Gesundheitliche Aspekte: Mythen und Fakten
Es gibt viele Spekulationen über die potenziellen Auswirkungen von Geschmacksverstärkern wie Glutamat auf unsere Gesundheit. Aber lassen wir uns die Fakten genauer anschauen: Bislang gibt es keine klaren Beweise dafür, dass ein moderater Konsum von Geschmacksverstärkern ernsthafte gesundheitliche Probleme verursacht.
Ich habe wirklich viel Recherche betrieben und versucht, mögliche Studien, Ergebnisse oder Erkenntnisse zusammen zu tragen, die einen Beweis liefern, das Geschmacksverstärker die Gesundheit negativ beeinflussen und das Ergebnis ist relativ eindeutig: Es gibt keine!
Studien weisen darauf hin, dass einige Menschen möglicherweise empfindlicher auf diese Zusatzstoffe reagieren könnten, wobei hier auch vieles auf den Nocebo-Effekt zurückzuführen ist. (Erwartungshaltung, bei zu erwartendem Konsum von Glutamat). Für den Großteil der Bevölkerung zeigen sich keine deutlichen negativen Auswirkungen durch einen mäßigen Verzehr von Glutamat oder anderen Geschmacksverstärkern.
In Japan ist eine bemerkenswerte Beobachtung zu machen: Trotz des regelmäßigen Konsums von Glutamat in Form von Sojasauce, Misopaste und anderen traditionellen Zutaten weist die Bevölkerung eine überdurchschnittlich hohe Lebenserwartung auf. Diese Beobachtung hat zu Diskussionen darüber geführt, ob der moderate und regelmäßige Konsum von Glutamat tatsächlich gesundheitliche Vorteile haben könnte. Die japanische Küche, die oft auf Glutamat basiert, zeigt, dass ein bewusster und traditioneller Umgang mit diesem Geschmacksverstärker möglicherweise nicht die negativen gesundheitlichen Auswirkungen hat, die in manchen Teilen der Welt angenommen werden.
Was jedoch Bedenken hervorruft, ist der Zusammenhang zwischen Geschmacksverstärkern und verarbeiteten Lebensmitteln. Diese stark verarbeiteten Produkte, die oft Glutamat und andere Zusatzstoffe enthalten, weisen auch hohe Mengen an Zucker, Salz und anderen fragwürdigen Inhaltsstoffen auf. Ihr regelmäßiger Konsum ist mit einem erhöhten Risiko für diverse ernährungsbedingte Krankheiten wie Fettleibigkeit, Herzkrankheiten und Diabetes verbunden.
Das Zusammenspiel von Geschmacksverstärkern mit den zahlreichen Zusätzen in verarbeiteten Lebensmitteln kann zu einem gesundheitlichen Risiko beitragen. Daher ist es nicht nur wichtig, den Verzehr von Geschmacksverstärkern zu berücksichtigen, sondern auch die Menge und Häufigkeit des Konsums von stark verarbeiteten Lebensmitteln zu überdenken.
Glutamat in der eigenen Küche
Im kulinarischen Bereich haben Geschmacksverstärker wie Glutamat eine interessante Rolle eingenommen. Sie dienen nicht nur der Lebensmittelindustrie, sondern sind auch in der Küche als ein nützliches “Werkzeug” beliebt. Ein bewusster und maßvoller Einsatz von Glutamat kann die natürlichen Aromen von hausgemachten Gerichten verbessern. Es verleiht Speisen eine gewisse Tiefe und Intensität im Geschmack, besonders bei Gerichten wie Brühen, Saucen oder Eintöpfen. Kochprofis nutzen Glutamat oft, um den Umami-Geschmack zu verstärken und die Gesamtqualität ihrer Kreationen zu optimieren.
Allerdings ist hierbei die Devise “Weniger ist mehr” wichtig, um nicht den natürlichen Geschmack der Zutaten zu überdecken, sondern ihn vielmehr zu unterstreichen und zu verstärken. Ein bewusster Umgang mit Geschmacksverstärkern kann die kulinarische Erfahrung bereichern, indem er die Geschmackskomplexität von hausgemachten Speisen verbessert, ohne dass übermäßige Mengen benötigt werden.
Eine Chance für den reduzierten Salzkonsum
Glutamat als potenzieller Ersatz für Salz eröffnet die Möglichkeit, den Salzgehalt in Gerichten zu reduzieren, während der Geschmack und die sensorische Qualität erhalten bleiben. Überschüssiges Natrium, das in übermäßig salzigen Speisen vorkommt, ist ein häufiges Anliegen in der Ernährung. Hier könnte Glutamat eine vielversprechende Alternative bieten, indem es den Umami-Geschmack verstärkt und gleichzeitig weniger Salz benötigt wird, um den gewünschten Geschmack zu erreichen.
Die Verwendung von Glutamat als Salzersatz erfordert jedoch eine feine Abstimmung und experimentelle Anpassung in der Küche, um die richtige Balance zu finden. Es kann als eine Möglichkeit dienen, um den Salzgehalt in Rezepten zu verringern, ohne dabei auf den Geschmack zu verzichten. Diese potenzielle Verwendung von Glutamat eröffnet eine Chance, den Verbrauch von Natrium in der Ernährung zu reduzieren, ohne Kompromisse bei der Geschmacksqualität eingehen zu müssen.
Moderater Umgang mit Geschmacksverstärkern
Geschmacksverstärker wie Glutamat und Hefeextrakt hinterlassen ein facettenreiches Bild in der Lebensmittelwelt. Während ihr Einsatz in der Lebensmittelindustrie zur Verbesserung des Geschmacks und der sensorischen Qualität beiträgt, gibt es kontroverse Diskussionen über ihre potenziellen Auswirkungen auf die Gesundheit. Trotz anfänglicher Bedenken und Mythen um Glutamat gibt es keine schlüssigen Beweise für schwerwiegende gesundheitliche Risiken bei moderatem Konsum. Dennoch ist es wichtig, ihre Verwendung bewusst zu gestalten und sich auf eine ausgewogene Ernährung zu konzentrieren, die hauptsächlich auf unverarbeiteten Lebensmitteln basiert.
Die Verbindung von Geschmacksverstärkern mit stark verarbeiteten Lebensmitteln betont die Relevanz einer gesunden Ernährung. Der bewusste Umgang mit verarbeiteten Produkten, die häufig hohe Mengen an Salz, Zucker und anderen Zusatzstoffen enthalten, ist entscheidend, um ernährungsbedingte Krankheiten zu reduzieren. In der eigenen Küche können Geschmacksverstärker wie Glutamat als Werkzeug dienen, um den natürlichen Geschmack von hausgemachten Gerichten zu intensivieren, während eine sorgfältige Anpassung Raum für kreative kulinarische Experimente ermöglicht. Mit einer ausgewogenen Herangehensweise können Geschmacksverstärker dazu beitragen, das kulinarische Erlebnis zu verbessern, ohne dabei die Gesundheit aus den Augen zu verlieren.
Bei mir zumindest steht seit geraumer Zeit eine Packung Ajinomoto im Gewürzregal, dass meinen selbst gekochten, natürlichen Speisen einen subtilen Kick nach Vorne gegeben hat, auf den ich nicht mehr verzichten möchte. Hätte ich die Geschichte von Glutamat nur früher entdeckt…